FIBONA_SvenKoellmann

Interview mit Sven Köllmann

24.08.2022

Sven Köllmann, Geschäftsführer der FIBONA GmbH und somit verantwortlich für die LÉGÈRE HOTELGROUP.

 

Herr Köllmann, wie stehen Ihre Hotels aktuell da, wie macht sich die Krise bemerkbar?

 

Im Großen und Ganzen sind wir zufrieden, wir haben frühzeitig reagiert und uns strategisch auf eine mögliche Krise vorbereitet, dass die Krise ein derartiges Ausmaß haben würde, konnten auch wir uns nicht vorstellen, wir waren aber so wahrscheinlich insgesamt etwas besser vorbereitet, als viele andere Marktteilnehmer. Unsere Hotels, bis auf zwei Standorte sind energetisch gut aufgestellt mit Fernwärme, die zwei genannten werden mit Ökogas beliefert, unterliegen aber natürlich den aktuellen Problemen. Wir konnten die Preissteigerungen aber voraussehen und haben im letzten Jahr die Preise für insgesamt 24 Monate festgeschrieben. Daneben haben wir unsere Raten aktuell herrschenden Situationen angepasst, diese werden auch vom Markt akzeptiert. Natürlich sind wir bei Investitionen und Neuplanungen aktuell zurückhaltend. Wir haben aber auch den Vorteil, dass unsere Hotels überwiegend im Eigentum sind, sprich wir können betriebswirtschaftlich besser kalkulieren. Unsere kalkulative Pacht als Benchmark liegt deutlich unter vergleichbaren Pachten, die unsere Mitbewerber zu entrichten haben, weil Ihnen die Immobilie nicht gehört.

 

Man merkt schon im Ansatz, Sie betrachten ein Hotel aus einer rein betriebswirtschaftlichen Sicht, ist das ein Problem in der Privathotellerie, wird dort der betriebswirtschaftliche Ansatz zu stiefmütterlich behandelt?

 

Man kann das nicht pauschal so sehen, aber ja, in vielen Hotels ist das der Fall. Ab und an bekomme ich ja Hotels zum Kauf angeboten, wenn ich dann die Zahlen sehe, sieht das auf den ersten Blick ganz ordentlich aus, geht man aber in die Tiefe, findet man betriebswirtschaftliche Missstände – oft auch aus Unkenntnis. Theoretische Gewinne erweisen sich dann oft als faktische Verluste, weil ein Hotelier z.B. vergisst das Gebäude, das ihm gehört, mit einer angemessenen Pacht zu kapitailsieren. So wird aus einem Gewinn am Ende dann doch kein positives, wirtschaftliches Ergebnis, weil einige betriebswirtschaftliche Faktoren einfach unberücksichtigt bleiben. Da unterscheidet sich die Kettenhotellerie von der Privathotellerie dann doch erheblich!

 

Bleiben wir bei den betriebswirtschaftlichen Dingen. Ist Umsatz oder Belegung, wie es in meinen Augen fälschlicherweise gerade immer wieder bei Hotels erwähnt wird überhaupt noch der Gradmesser?

 

Natürlich ist Umsatz wichtig, aber aktuell kein Gradmesser, im Durchschnitt wurden die Preise der Zimmer um 30% erhöht, die Kosten sind aber teilweise um 50 bis 60 Prozent gestiegen, wer hier mit Umsatz kalkuliert, verkalkuliert sich schnell. Ich interessiere mich für den Wert, der unterm Strich übrig bleibt. Von daher ist der Vergleich zum Vorkrisenniveau im Bereich Belegung und Umsatz schwer vergleichbar. Aber auch hier, ich habe lieber eine schwächere Auslastung mit hoher Rate und mache am Ende Gewinne, das ist entspannter als eine hohe Auslastung mit schwachen Raten ohne Gewinne! Das Gleiche gilt für den Umsatz, der ist immer nur interessant, wenn auch was übrig bleibt! Wir sind auch in Anbetracht der Situation mit dem Jahresverlauf zufrieden.

 

Wo sehen Sie die größte Herausforderung der nächsten Jahre für den Standort Deutschland?

 

Ganz klar in der Migrationspolitik, hier ist Deutschland weit entfernt von einem funktionierenden System, wie es beispielsweise Kanada, Australien oder auch die USA schon seit Jahrzehnten machen. Natürlich ist das Thema Sprache ein Problem. Wenn ein Inder in die USA, Kanada oder Australien auswandert, kann er quasi am nächsten Tag anfangen zu arbeiten, in Deutschland muss er erst die Sprache beherrschen. Hier ist es dringend notwendig völlig neu zu denken. Denn, Deutschland wird in den nächsten Jahren darauf angewiesen sein, Personal aus dem Ausland zu bekommen. Vieles in Deutschland verpufft auf Grund gigantischer bürokratischer Hürden.

 

Sie haben jetzt als eines der ersten Hotelunternehmen die 4 Tage Woche eingeführt, ab 01.01.2023 geht´s los. Hand aufs Herz, ein Erfolgsmodell?

 

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber wir müssen uns der Situation anpassen und auch mal neue Wege gehen. Unsere Mitarbeiter sind durchschnittlich 3,8 Jahre im Unternehmen, also eine sehr gute Zahl. Wir haben unseren Mitarbeitern freigestellt zu wählen, knapp 15 - 20% haben sich dann für das neue Modell der 4 Tage Woche entschieden, es gibt in den Standorten aber teilweise erhebliche Schwankungen. Ich bin selber sehr gespannt. Wir werden am 01.01 beginnen und dann nach einem Jahr das Ganze Revue passieren lassen. Natürlich hoffe ich auf ein Erfolgsmodell, denn Personal und die Zufriedenheit mit dem Job ist schon ein enorm wichtiges Thema! Wir wollen als attraktiver Arbeitgeber in der Branche wahrgenommen werden, hier müssen wir also einen entscheidenden Schritt machen.

 

Wie schätzen Sie die Situation der nächsten 5 Jahre ein?

 

Es wird schwierig, da müssen wir uns nichts vormachen. Energie, geopolitische Lage, Klima, alles Dinge die sicherlich nicht einfach werden. Aber, Deutschland ist für mich immer noch ein vergleichsweise Top Standort. Wenn wir jetzt die Probleme als Chance sehen, kann Deutschland auch als großer Gewinner aus der Krise gehen! Wir müssen uns jetzt eben auf absehbare Zeit wieder zu einer Leistungsgesellschaft hin entwickeln, wir haben immer noch die am besten ausgebildeten Menschen, sind in der Summe (mal ausgenommen Digitalisierung) gut aufgestellt. Ich persönlich sehe das alles als Chance!

 

Gerade das Thema Energie haben wir uns gerade auf die Fahne geschrieben. Wir versuchen durch die Digitalisierung der Heizsysteme und einem dazu angepassten Ratensystem den Privathotels eine sichere Perspektive zu bieten, was halten Sie davon?

 

Der Gedanke ist sehr mutig und ich finde es gut, neue Ansätze zu verfolgen. Gerade in der Privathotellerie halte ich den Ansatz für sehr interessant. Ich bin gespannt ob sich so etwas in der Breite durchsetzen kann, oder ob es dann doch an der Bequemlichkeit scheitert. Den Gast mit einer pauschalen Mehrbelastung wie z.B. einer Energiekostenpauschale zu belasten, davon halte ich gar nichts, sondern Ihn aktiv am Energiesparen mitwirken zu lassen, finde ich gut. Ich bin sehr gespannt darauf wie sich ein solches System auswirkt. Auf jeden Fall bin ich immer ein Freund mutiger Entscheidungen. 

 

Vielen Dank, ebenso für dieses Gespräch. Ich bin immer begeistert mit Menschen zu kommunizieren, und vertrete genauso die Meinung, eine Krise ist auch immer eine Chance. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Unternehmen alles Gute und hoffe unsere Wege kreuzen sich wieder. 

 

Ich möchte mich auch bedanken und freue mich darauf auch weiterhin Ihr Magazin zu lesen. Es ist inspirierend und frisch zugleich. 

 

Weiterempfehlen