Merkel Brief

Wochenkolummne - einmal ganz persönlich an Frau Merkel

04.05.2021

Sehr geehrte Frau Merkel.

Über ein Jahr haben ich und Millionen andere, nun mit der Pandemie zu kämpfen. In dieser Zeit musste ich feststellen, wie schwierig es ist, richtige Entscheidungen zu fällen auf einer Grundlage, die perspektivloser und planungsloser nicht sein konnte.

 

Mir ist bewusst, Sie haben Ihr bestmöglichstes getan und sicherlich weiß niemand, wie es geworden wäre, hätten Sie alles anders gemacht. Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, aber auch ein paar kritische Fragen loswerden. Ich weiß, dieser Brief wird sicher nicht bei Ihnen auf dem Schreibtisch landen, aber manchmal geschehen nun mal Dinge, die vielleicht anders sind als normal.

 

Warum möchte ich "Danke" sagen? In erster Linie, weil ich um die ungeheure Verantwortung weiß, die Sie während dieser Zeit getragen haben. Ebenso weil ich es wirklich herausragend finde, wie Sie trotz der bevorstehenden "Rente" (ich darf das so sagen) noch einmal gezeigt haben, warum gerade Sie dieses Land in den letzten 16 Jahren regiert haben. Ihre sachliche, teils emotionslose Art hat in diesem Fall wohl das ein oder andere Horror Szenario verhindert. Wenn man entscheidet, muss man sich auch der Konsequenzen bewusst sein, muss man auch unpopulär entscheiden, das haben Sie gegen teilweise große Wiederstände in einem föderalistischen Staat getan.

 

Hätten Sie teilweise nicht sehr hart, und für viele mit enormen Entbehrungen verbunden, gehandelt, hätten uns eventuell auch Szenarien wie in Tschechien, Brasilien oder Indien und auch den USA heimgesucht. So sind wir bis heute immer noch sehr glimpflich durch diese beispiellose Zeit gekommen. Dass natürlich die Menschen teilweise ans Limit und darüber hinaus gehen mussten, ist ein Teil dieser Pandemie.

 

Doch neben dem Dank gibt es einige Punkte, die leider auch Kritik meinerseits beinhalten. An vorderster Front dieser Kritik steht der Punkt Bildung und Erziehung. Hier muss ich leider sagen, hat unser Land und haben die Verantwortlichen völlig versagt. Unsere Kinder (ich bin selbst alleinerziehender Vater einer 14 jährigen Tochter) sind die leidtragenden dieser Pandemie. Auf den Schultern dieser wurde teils ein völlig suspekter und vernunftloser Streit ausgetragen. Die einzelnen Beteiligten haben dabei nie wirklich das Wohl der Kinder im Blick gehabt und somit tragen diese auch hier die Verantwortung.

 

Als Unternehmer wurde ich plötzlich während der Pandemie zusätzlich  zum Aushilfsleher, zum Betreuer. Dieser Herausforderung konnte niemand wirklich gewachsen sein. Millionen über Millionen Menschen in diesem Land haben hier sicherlich alles getan, um die Fehler Ihrer "Mitarbeiter" auszugleichen. Dass dieses nicht möglich war, ist kein Geheimnis. 

Nun meine Frage an Sie: "Wie wollen sie diese "vergessene Generation" wieder in die Spur bringen, was werden Sie "noch" tun?" (ich weiß, ab September ist das nicht mehr Ihre Baustelle)

 

Der nächste Kritikpunkt ist die Ungleichbehandlung der Wirtschaft und deren Antreiber. Während der kompletten Pandemie hat Ihre Regierung immer und immens die Industrie und Großkonzerne beschützt, eine Industrie, die bereits vor der Pandemie nicht mehr der "große" Eckpfeiler unserer Wirtschaft war. Warum? Milliarden hat die Regierung in Unternehmen investiert, die anschließend nicht solidarisch, nicht im Allgemeinwohl gehandelt haben. Die "Lufthansa" schüttet Dividenden aus, obwohl die Regierung Milliarden in dieses Unternehmen investiert hat. Und den Künstler, den kleinen Alleinunterhalter hat man an der langen Hand verhungern lassen. Hier fehlt mir jegliche vernünftige Erklärung für dieses einseitige Verhalten. Ebenso hat Ihre Regierung, und sind immer noch dabei, ganze Branchen geopfert. Ob die Kulturbranche, die Restaurantbranche, den Einzelhandel oder die Hotellerie. Hier wurden Versäumnisse über Versäumnisse realisiert. Warum?

 

Wir alle haben in dieser Zeit außerordentliche Opfer bringen müssen, doch erweckt es den Anschein, als gäbe es immer noch einige Privilegierte, die bei diesen Opfern völlig außen vor gelassen wurden. Ob Millionen Deals bei Maskengeschäften, horrende Gehälter im Managementbereich von Unternehmen, die dann Milliarden von der Regierung bekommen haben und viele weitere Beispiele unterstreichen die Angst davor! Die Schere in Deutschland wird gigantisch auseinander gehen. Reiche wurden und werden reicher und Arme wurden und werden ärmer, der Mittelstand musste den Weg Richtung ärmer einschlagen. Was wollen Sie (Ihre Regierung) dagegen tun?

 

Sie sehen, ich bin hin und her gerissen, zwischen Hochachtung für Ihre Leistung, aber auch teilweise Verachtung vieler falscher Entscheidungen. Während der ganzen Zeit haben Sie es nicht geschafft Ihre "Mitarbeiter" in den Griff zu bekommen, teils skurrile Entscheidungen wurden gefällt. Immer mehr Unverständnis bei den Menschen hervorgerufen und Vertrauen verspielt. Alleine die aktuellen Umfragewerte bestätigen die völlige Verunsicherung der Menschen in diesem Land.

 

Ich zähle dazu! Noch nie stand ich vor einem so großen Zweispalt, welcher Partei ich im September meine Stimme gebe. Alle Parteien erscheinen aktuell nicht regierungsfähig. Die Kanzlerfrage macht mir ein wenig Angst, auch hier sehe ich niemanden, der in der Lage wäre diese enorme Herausforderung zu meistern, geschweige denn annähernd damit umgehen zu können. Wen würden Sie wählen?

 

So stelle ich mir natürlich die Fragen: "Ist nach der Krise vor der Krise? Ist nach der Pandemie bereits der Start einer Wirtschafts- und Finanzkrise? Wie viele Arbeitslose wird es geben? Wie viele Kinder werden an all den schwierigen Herausforderungen scheitern? Wie viele Familien werden an der Last zerbrechen? Wie viele Einzelhändler bleiben übrig, wie viele Hotels werden überleben, gibt es noch Künstler, Kleinkünstler, werden wir wieder Stadtfeste feiern können, wie viele Schausteller werden überleben?"

Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Helfen Sie mir, und beantworten Sie diese Fragen einmal.

In Hochachtung und mit ehrlichem Respekt vor Ihrer Arbeit.

 

Michael Maus

 

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