Auch ich, wie eigentlich bei jeder dieser sagenumworbenen Ministerveranstaltungen. Eine Lockdownverlängerung hat mich jetzt nicht wirklich überrascht. Doch dann kam der Schock, neue Inzidenzwerte, neue Grenzwerte. Da musste ich schon einmal schlucken, vor allem weil in dieser Geschichte das Thema Hotellerie und Gastronomie noch gar nicht vorkam. Die neue 50 ist die 35! Doch was steckt wirklich dahinter?
Ich will es mal mit meinen, ganz eigenen Worten versuchen zu erklären. Die Geschichte beginnt am 15. März 2020, dem Zeitpunkt wo Deutschland mitunter über den ersten Lockdown entschieden hat. An diesem Tag lag die Inzidenz pro 100.000 Einwohner in Deutschland gesamt bei 5!, ja, 5!! Im Mai 2020 beschließt die Bundesregierung Lockerungen und alles öffnet wieder, wohlbemerkt bei einer Inzidenz am 14. Mai 2020 von 9!, ja, genau, 9!
Das soll jetzt keine Erklärung oder Bewertung sein, sondern erst einmal nackte Zahlen! Wo steht Deutschland heute? Aktuell bei einer Inzidenz von knapp 70, also 7-mal so hoch wie die Lockerungsinzidenz 2020! 2020 bescherte uns die Lockerung 4 Monate, in denen ein fast in Richtung Normalität gehendes Leben angesagt war.
Das sind die aktuellen Zahlen, mit denen man natürlich rechnen muss und es ist auch sicherlich nicht falsch diese Werte mit denen des Vorjahres zu vergleichen. Warum dieses bei den Pressekonferenzen nicht angebracht wird, weiß ich leider nicht. Es würde aber sicherlich interessant sein, vielleicht sogar hilfreich.
Bis gestern vormittag hieß es immer, eine Inzidenz von 50 würde ausreichen für Lockerungen. Meine Zweifel, siehe die Zahlen oben, sind sicher nachvollziehbar, denn die Zahl wäre immer noch 5 mal so hoch wie bei den Lockerungen 2020. Daher war es in meinen Augen (nur meine eigene Meinung) schon im Ansatz falsch diese Zahl als Novum immer wieder in die Öffentlichkeit zu transportieren. Man hätte die Zeit nutzen müssen, um Alternativen zu schaffen und nicht immer nur über Lockdown und Lockerungen nachzudenken, Worte die kein Mensch mehr hören möchte.
Aber gehen wir einmal etwas genauer auf die gestrigen Beschlüsse ein. Was ist passiert? Warum ist man von unserer Zahl, der 50, abgewichen? wir hatten uns doch gerade dran gewöhnt. Die Gründe findet man in Portugal und Großbritannien. Ich weiß nicht genau ob sich jeder einmal die Bilder angeschaut hat, unten einfach mal eine kleine Auswahl.
Quellen: imago imagesGlobalImagens, httpwww.xinhuanet.comenglish2020-1220c_139603880.htm
In Portugal gibt es aktuell kein einziges freies Intensivbett mehr, das Gesundheitssystem ist kollabiert und die Aussichten sind mehr als bitter! Portugal war übrigens eines der Länder, die bisher einigermaßen verschont wurden. Im Herbst konnte man dort noch sorgenfrei Urlaub machen, die Insel Madeira gehörte nicht zu Risikobereichen. Das man gestern in der Pressekonferenz nicht einmal versucht hat zu erklären warum das alles jetzt beschlossen wurde, enttäuscht mich wirklich am meisten. Ich bin davon überzeugt, viele Menschen hätten es dann vielleicht verstanden.
Denn, auch wenn es unheimlich schwierig ist, so sehe ich diese Entscheidung und auch den Beschluss nicht grundwegs negativ, denn es schlicht und einfach aktuell nicht möglich eine vernünftige Entscheidung zu fällen. Es fehlen viel zu viele Variablen. Ich persönlich sehe in dieser Vorsicht unter den aktuellen Bedingungen in Bezug auf die Virusvarianten keine andere Möglichkeit, aber, das heißt nicht, ich würde das, was gestern beschlossen wurde, vollumfänglich unterstützen.
Wenn man nun Vorsicht walten lassen möchte, dann bitte aber vollumfänglich und nicht in einem Flickenteppich, der den Menschen jegliches Verständnis raubt. So geht das Vertrauen verloren, so versteht keiner diese Maßnahmen und selbst ich tue mich schwer dieses nachzuvollziehen.
Die Angst vor einer dritten Welle, dank der Virusvarianten sicherlich eine verheerendere als die erste oder zweite Welle, kann sich unser Land nicht leisten. Menschlich nicht und auch wirtschaftlich nicht mehr. Und Portugal hat uns gezeigt wie schnell es gehen kann, passt man nicht ungeheuerlich auf in der aktuellen Situation. Also, Lockdown ja, aber wenn, dann auch richtig und konsequent. Und, man sollte dieses auch mal ehrlich und den Menschen verständlich erklären. So wird das auf jeden Fall nichts.
Jetzt sollen die Kitas und Schulen ab dem 22. Feb. wieder öffnen (schrittweise, was auch immer das wieder bedeutet), und das, obwohl in Baden Württemberg und auch in Hessen gerade die Virusvariante in Kitas ausgebrochen ist und dort um sich gegriffen hat. Hier stellt sich für mich die Frage, warum entgegen aller Vorischt gerade hier handeln.
Kinder sind anfälliger bei dieser Viruavariante, das scheint sicher. Daher ist das für mich der völlig falsche Schritt in die völlig falsche Richtung. Hier müsste das Prinzip Vorsicht, welches ich verstehe, auch umgesetzt werden. Vorallem im Hinblick auf das Superwahljahr 2021, ist es doch nachvollziehbar. Mit einem Lockdown gewinnt man keine Wahlen, aber ob es nun wirklich wichtig ist an Wahlen zu denken um so wieder gewählt zu werden, dieser Ansatz ist für mich sehr bedenklich.
Der zweite Punkt, die Öffnung von Friseuren (ich verstehe die Not dieser Branche), ist für mich dann aber gar nicht mehr nachvollziehbar. Warum jetzt Friseure? Was haben Friseure was andere Branchen nicht haben, und warum ist das Haare schneiden jetzt wichtiger als alles andere? Hier fehlt mir jegliches Verständnis. Und eine vernünftige Erklärung hat auch niemand bekommen gestern.
Wir sehen, die Bundesregierung spielt mit dem Vertrauen der Bürger und muss sich nicht wundern, wenn dieses immer weiter verloren geht. Ja, es ist eine besorgniserregende Situation, ja, man muss weiterhin sehr vorsichtig sein, aber bitte mit verständlichen Erklärungen und nachvollziehbaren Maßnahmen. Was gerade passiert ist vielleicht schlimmer als das Virus, denn dieses können wir nur mit vereinter Kraft, Vertrauen und Vorsicht bekämpfen, dieses scheint aktuell aber verloren zu gehen, und somit würde auch der Kampf gegen Corona verloren gehen. Das möchte doch sicherlich niemand.
Bleiben Sie gesund, vorsichtig und umsichtig.
Michael Maus
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