Doch, was genau bedeutet das eigentlich? Ich habe mich einmal umgehört und festgestellt, dieses Wort wird aktuell völlig fehl gedeutet. Folgende Antworten habe ich auf die Frage "Was bedeutet Eigenverantwortung?" erhalten.
Diese Antworten haben mich etwas verwirrt, denn scheinbar hat sich dieser Begriff in der Wahrnehmung durch die Pandemie stark verändert. So habe ich mich dazu entschieden, einmal mit Definitionen und Fakten an das Thema heran zu gehen. Bei Wikipedia findet man folgende Definition: "Als Eigenverantwortung oder Selbstverantwortung (auch Eigenverantwortlichkeit[1]) bezeichnet man die Bereitschaft und die Pflicht, für das eigene Handeln und Unterlassen Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, dass man für das eigene Tun und Unterlassen einsteht und die Konsequenzen, etwa in Form von Sanktionen, dafür trägt. In der Organisationslehre gilt als Gegensatz die Fremdverantwortung."
Doch was bedeutet das jetzt im Einzelfall. Eigenverantwortung hat nicht nur etwas mit Rechten zu tun, sondern auch mit Pflichten. Durch eigenverantwortliches Handeln muss ich auch die Konsequenzen eigenverantwortlich tragen. Ich möchte einmal ein Beispiel nehmen, welches ich persönlich erlebt habe:
Eine 5 köpfige Familie entscheidet sich in diesem Sommer nach Spanien zu fahren, Strand, Sonne, Meer. Zu diesem Zeitpunkt lag die Inzidenz in Spanien bereits bei 219 pro 100.000 Einwohner. Während des Aufenthalts hat die Bundesregierung Spanien zum Hochrisikogebiet erklärt und Urlauber "eigenverantwortlich" gebeten nach der Rückkehr in eine 5-10 tägige Quarantäne zu gehen (Mittlerweile ist diese Quarantäne in vielen Ländern wieder Pflicht). Es war eben keine Aufforderung, sondern eine im eigenverantwortlichen Sinne ausgesprochene Empfehlung.
Jetzt entscheidet man sich dazu diese Quarantäne nicht durchzuführen und weiter am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, rechtlich völlig in Ordnung. Doch war diese Entscheidung eigenverantwortlich vertretbar? Ja, wenn man eben denkt, Eigenverantwortung hat etwas mit "Ich darf machen was ich will" zu tun. Nein, denn es ging nicht nur um das eigene Wohl, sondern auch um die Konsequenz, aus diesem Handeln heraus andere Menschen zu gefährden. Hier bedeutet Eigenverantwortung auch diese Konsequenz, das Risiko für andere zu beachten und im Sinne eines vertretbaren, eigenverantwortlichen Handelns zu entscheiden.
Ein weiteres Beispiel dreht sich um die aktuelle Öffnung von Diskotheken. Auch hier ein Beispiel: Man entscheidet sich in eine Diskothek zu gehen, denn, diese sind ja geöffnet. Also wieder: "Ich darf ja machen, was ich will und was für mich vertretbar ist". Ja, aber vertretbar bedeutet auch hier, andere bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Jetzt hat diese Person ein ungeimpftes Kind, ist es jetzt vertretbar, diese Entscheidung eigenverantwortlich zu treffen oder ist es die Pflicht, sich auch hier mit den Konsequenzen zu beschäftigen? Kann man hier ohne Bedenken den Diskothekenbesuch realisieren oder ist es nicht vertretbar, weil man ja ein ungeimpftes Kind zu Hause hat, welches zur Schule geht und dort natürlich auch andere Kinder trifft, die ebenfalls ungeimpft sind und sich anstecken könnten.
Das Gegenteil von Eigenverantwprtung ist Fremdverantwortung, sprich der Staat, die Regierung übernimmt die Verantwortung und bestimmt dementsprechend auch die Maßnahmen. Gleich für alle und im Sinne aller. Kann man eigenverantwortlich handeln, ist dieses die natürlich bessere Form, tut man dieses aber nicht im Sinne seiner Pflichten, muss am Ende eventuell doch fremdverantwortlich gehandelt werden. Sich hier klar zu positionieren ist schwierig, eigenverantwortlich zu handeln bedeutet enorm viele Eventualitäten zu berücksichtigen, für viele scheinbar nicht realisierbar.
Dazu kommt natürlich auch die Art und Weise der Kommunikation, denn eigenverantwortlich Handeln kann ich auch nur, wenn ich die nötigen Fakten vorliegen habe, diese auch nicht aus fadenscheinigen Gründen verschönert werden. Nur mit klaren Fakten kann ich auch eigenverantwortlich im richtigen Sinne handeln.
Politik, Medien bestimmen also, ob ein eigenverantwortliches Handeln möglich ist oder nicht. Aktuell haben wir die Situation, vieles wird als Erfolg dargestellt, Impfungen, angeblich niedrige Inzidenzen und wesentlich weniger Todesfälle, etc. Doch auf welcher Grundlage basieren diese Zahlen? Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, Zahlen aus dem Dashbord des RKI zu verwenden um darzulegen wie die Situation laut Zahlen, also Fakten aktuell ist.
Hierzu habe ich den 18.08 als Basis genommen und mir einmal die Zahlen aus 2020 herausgesucht.
RKI Dashboard 18.08.2020
Infizierte: 1.391
Inzidenz: 9,7
Tote: 7
Dem gegenüber einmal die Zahlen vom 18.08.2021
Infizierte: 8.168
Inzident: 40,8
Tote: 24
Vergleicht man rein diese Zahlen, fällt einem direkt auf, die Inzidenz, die Infizierten und auch die Toten sind stark abweichend vom Jahr 2020. Fast 6 mal so hohe Infektionen, mehr als 4 mal so hohe Inzidenzen und mehr als 3 mal so hohe Todeszahlen. Beachten wir jetzt dabei, 2020 gab es noch keinen Impfstoff, also keine Geimpften, so sprechen diese Zahlen eine andere Sprache. Im August 2020 gab es darüber hinaus noch Einschränkungen. Heute reden wir über Lockerungen, über weniger Maßnahmen bei einer fast 6 mal so hohen Infektionszahl und einer mehr als 3 mal so hohen Todesopferzahl. Im Übrigen ist die aktuelle Zahl vergleichbar mit der vom 16.10.2020, also dem Zeitpunkt, wo bereits laut über den nächsten Lockdown nachgedacht wurde. Wir sind also 2021 8 Wochen vor dem Zeitpunkt 2020 bei mehr als 50% Geimpften! Und natürlich wesentlich mehr Genesenen. Fasst man alle diese Fakten zusammen, kann man nun wirklich nicht von einer Entspannung sprechen. Doch was bedeutet das im Sinne von "Eigenverantwortung"?
Sehr viel, denn diese Zahlen müssen einen eigenverantwortlich viel vorsichtiger handeln lassen, als wenn diese gleich dem Zeitraum vor einem Jahr wären. Berücksichtigt man die zukünftige Entwicklung an Hand dieser Zahlen, dann wären wir im Oktober an einem Punkt, wo die Pandemie einen neuen Höhepunkt erreicht. Anfangs hieß es, es gibt keinen Lockdown mehr, mittlerweile spricht man bereits von einem Lockdown für Ungeimpfte und auch für bereits Genesene. Was sagt man in 4 Wochen? Kann es dann nicht doch wieder zu einem gesamten Lockdown kommen? Die Wahrscheinlichkeit ist auf jeden Fall groß, entgegen aller Bekundungen aus der Politik. Als Grund für diese Bekundungen steht natürlich eine anstehende Bundestagswahl. Angst, Panik wäre für die Parteien eine Katastrophe. Ist es möglich, hier also wegen einer Bundestagswahl vieles positiver darzustellen als es ist?
Eine berechtigte Frage. Diese sollte jeder für sich beantworten, eigenverantwortlich. Die Bewertung der aktuellen Lage, eine Vorausrechnung in den Herbst, Winter ist nicht zu 100% möglich, jedoch ist ein Szenario, welches schlechter, schlimmer als im Herbst 2020 wird, durchaus wahrscheinlich. Die Konsequnzen daraus kann man ebenso nicht vorhersagen, denn die Bundestagswahl wird eine längere Pause in Entscheidungen nach sich ziehen, auch das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit vorherzusagen.
Fazit: Eigenverantwortung bedeutet, auch für andere mitverantwortlich zu sein. Eigenverantwortliches Handeln ist nicht "Ich tue was ich will", sondern ich tue was für mich und alle Menschen um mich herum verantwortbar ist, ich entscheide, welche Konsequenzen ich tragen kann für mein eigenes Handeln und Tun. In diesem Sinne, einmal nachdenken und eventuell bei der nächsten eigenverantwortlichen Entscheidung noch einmal genau nachdenken. Auch die Impfung ist unter diesen Gesichtspunkten einmal neu zu bewerten. Kann ich wirklich eigenverantwortlich sagen "Ich lasse mich nicht impfen", hat es nicht zu große Auswirkungen auf andere, sind die Konsequenzen nicht vielleicht doch zu groß um die Verantwortung alleine zu übernehmen?
Einfach mal drüber nachdenken.
Ihr Michael Maus
