Kraft

Wochenkolummne - Wieviel Kraft hat man so

05.02.2021

Corona verlangt von uns allen einen enormen Kraftakt, manchmal außerhalb jeglicher Gesetze.

Vielleicht mag der eine oder andere diese Kolumne als "Jammerei" bezeichnen, ist es aber nicht. Ich denke vielmehr, es ist eine Feststellung, die gerade jetzt aktuell auf ganz viele Menschen zutrifft. Unsere Bundeskanzlerin hat es in Ihrem Video gesagt: "Ich wache manchmal nachts auf".

Ich habe allerhöchsten Respekt vor Frau Merkel, ganz ohne Zweifel, aber dieser Satz hat mich ein wenig missmutig gestimmt. Ich bin mir nicht sicher, ob Frau Merkel weiß, welche Situationen teilweise in den Familien und auch in den Unternehmen aktuell stattfinden.

Ich für meinen Teil kann da ein Lied von singen. Als alleinerziehender Vater, Unternehmer (in einer der aktuell wohl schwierigsten und am stärksten betroffenen Branchen), Ersatzlehrer, Koch, Putzmann und Betreuer schlafe eigentlich gar keine Nacht mehr wirklich durch.

 

Eigentlich bin ich gar nicht der Typ, der sich öffentlich mit seinen eigenen Dingen auseinandersetzt, aber immer mehr Menschen aus meinem direkten und auch indirekten Umfeld erleben gerade eine ähnliche Situation und verzweifeln nicht selten daran. Doch fragt man mich um Rat, dann fällt es selbst mir aktuell schwer ein Rezept anzubieten. Die Situation ist nicht vergleichbar, nicht erklärbar und auch nicht immer zu verstehen. Erst vor ein paar Tagen habe ich mit einem Hotelier gesprochen. Ich kenne ihn bereits seit vielen Jahren und es ist, das darf ich sagen, mittlerweile eine "kleine" Freundschaft daraus entstanden. Dieser Hotelier war bis dato recht erfolgreich unterwegs, hat eine intakte Familie mit 2 Kindern und lebte in einer sicheren und komfortablen Situation, bis Corona kam!

 

Aktuell bangt er um seine Existenz, wie viele andere auch. Die Kinder sind zu Hause im Homeschooling, was, na ja, sagen wir es mal etwas kompromissbereit, nicht wirklich funktioniert. Der Druck der Existenzangst allein wäre vor Corona bereits ein ausreichender Grund gewesen auf Reserve zu agieren. Jetzt mit Corona kommen viele weitere Faktoren hinzu. Und ich bin ehrlich, sowohl bei ihm als auch bei mir stimmen die Voraussetzungen noch, doch was ist mit den Millionen von Menschen, deren Voraussetzungen viel, viel schlechter sind?

 

Auf 70qm mit 4 Personen, Homeoffice, Homeschooling, Existenzangst, wenn das nicht zu Depressionen führt, was dann? Nimmt man es genau, haben Kinder seit fast einem Jahr keine normale Schulsituation mehr, kaum soziale Kontakte. Sigmund Freud hat mal eine Krankheit beschrieben mit dem Namen "soziale Isolation", welche mit monatelangen Therapien verbunden ist. Ein weiteres, aktuelles Beispiel ist sicherlich der verzweifelte Hilferuf aus Dortmund, von einer Friseurmeisterin, die bis vor der Corona Pandemie ein gut gehendes Friseurgeschäft in Dortmund hatte. Aber sehen Sie selbst.

 

Verzweifelter Hilferuf.

 

Es gibt jede Menge dieser Hilferufe. Was man den Betroffenen raten kann, ehrlich, keine Ahnung, denn auch ich muss mich jeden Tag wieder neu motivieren, jeden Tag wieder neu sortieren. Wichtig für Menschen ist ein Anker, eine Perspektive, doch genau diese fehlt in der aktuellen Zeit.

 

Wie gehe ich damit um?

Auch da gibt es kein Allheilmittel, keine Rezeptur, die auf jeden passt. Ich versuche jeden Tag neu zu gestalten, mich neu zu sammeln. Aggressionen zu vermeiden, vor allem meiner Tochter eine Perspektive zu bieten in all den kleinen und großen Sorgen und Ängsten. Natürlich ist die Zeit knapp, denn als Unternehmer bin ich nicht gerade mit einem 8 Stunden Tag gesegnet, schon mal gar nicht in der aktuellen Situation. Was mir hilft, ist autogenes Training, ist vor allem der Satz: "Aus der Krise eine Chance machen", so platt er sich auch anhört.

 

Pläne schmieden, sich Dinge vornehmen, Ziele setzen, die auch in der jetzigen Zeit erreichbar sind. Ein paar Dinge hier, ein paar Dinge dort. Sich zu Hause schöner aufstellen, sich einfach mal was gönnen, sofern dieses möglich ist. Und, zu den Wurzeln zurückkehren, miteinander reden, versuchen die Grundwerte wie Anerkennung, Wertschätzung und Loyalität wieder in den Vordergrund stellen. 

 

"Wir schaffen das", mag einer dieser Sätze sein, die niemand mehr hören möchte, aber es ist ein Weg durch diese Krise, durch diese Zeit. Wir können versuchen das Beste draus zu machen, Tag für Tag. Und vor allem auch schon mal drüber nachdenken, wie sieht die Therapie nach der Krise aus? Denn die Spätfolgen der Corona Pandemie kommen erst noch. Und, ich glaube auch realistisch mit der Situation umzugehen ist der richtige Weg. Nicht irgendetwas versprechen was nicht einhaltbar ist, sondern klar zu kommunizieren, es ist einfacher, wenn man klar sagt, bis Ende des Jahres haben wir das alles im Griff als nach dem Motto, wenn alles gut läuft werden vielleicht in 2 Wochen Änderungen eintreten, treten diese dann nicht ein, wird die Enttäuschung nur größer.

 

Ich wünsche mir vor allem für die wirklich Betroffenen das Sie die Zeit so schadlos wie eben möglich meistern. Ich wünsche mir auch mehr Förderungen genau dieser Menschen, denn viele davon haben gar keine Perspektive und auch keine Voraussetzungen. Und, ich wünsche mir mehr Blicke auf unsere Kinder, denn hier fehlt es mir am meisten, Kinder sollten unser ganzes Augenmerk bekommen. Ihnen gilt es vor allem auch nach dieser Pandemie wieder Mut, Zuversicht und Perspektive zu vermitteln, das was Sie jetzt verlieren wird schwer wieder aufzuholen sein.

 

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund, bleiben Sie zuversichtlich, und lassen Sie uns gemeinsam etwas tun.

 

PS: Und zum Abschluss noch ein Satz, den meine Oma (leider lebt sie nicht mehr) mir immer gesagt hat:"Wir haben früher viel mehr repariert, heute schmeisst man alles weg und kauft es neu, doch das neue ersetzt nie das was man aus dem alten, denn es war ja gut, noch hätte machen können" Überträgt man diesen Satz, so bedeutet es auch, gemeinsam zusammen zu halten, gemeinsam kaputte Dinge zu reparieren, wieder zu alten Stärken zurück finden und so später bewundern was man draus gemacht hat.

 

Haben Sie auch etwas zu sagen? Dann schreiben Sie mir an: redaktion@inside-hotelmagazin.de

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